TUM INFO V - Mathematiker in der NS-Zeit

Technische Universität München, Fakultät für Informatik

 

Forschungs- und Lehreinheit Informatik V

Ingenieuranwendungen in der Informatik, numerische Programmierung

 

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Welt der Frau in NS- Zeit

Frauen in der Mathematik

Ruth
Moufang

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Mathematikerinnen während der NS-Zeit

 

Ruth Moufang

 


  Lebenslauf    

  Persönliche Daten    
  Name Ruth Moufang  
  geboren am  10. Januar 1905 in Darmstadt  
  gestorben am 26. November 1977  
  Nationalität deutsche Staatsangehörige  
  Eltern Ihr Vater Dr. Eduard Moufang war Chemiker und im Braugewerbe tätig.  
  Geschwister Eine jüngere Schwester Erika, die Bildhauerin wurde.  
  Ausbildungsdaten      
  Schulausbildung 1913-
1921
besuchte Ruth das städt. Lyzeum in Bad Kreuznach.    
1921-
1924
besuchte sie das Real-gymnasium in Kreuzbach, wo sie als eine der ersten Frauen das Abitur ablegte.
Studium 1925 begann sie in Frankfurt in den Fächern Mathematik, Physik und Philosophie zu studieren, mit dem Ziel, Lehramt an höheren Schulen zu unterrichten.

Das Rigorosum bestand sie in Mathematik gut bis sehr gut, in Physik reichte es nur zu einem knapp genügend.

  Dissertation 1930 Zur Struktur der projektiven Geometrie der Ebene    
  Habilitation 10. Juli 1936    
         
 

Lebensweg:

     
         
  Ab 1913 besuchte Ruth das Lyzeum in Bad Kreuznach, anschließend das Realgymnasium.    
         
  1924 legte sie als eine der ersten Abiturientinnen in Bad Kreuznach das Abitur an.    
         
  1925 begann Ruth in Frankfurt Mathematik und Physik zu studieren, zunächst noch mit dem Berufswunsch Lehrerin für Höhere Schulen zu werden. Bei der Wahl der Studienfächer könnte sie von ihrem Mathematiklehrer Schwan beeinflußt worden sein.

Ihre akademischen Lehrer waren Dehn, Epstein, Gelle, Hellinger, Lanszos, Madelung, Meissner, Neuendorff, Siegel, Szasz, Wachsmuth und Wissfeld.

   
         
  Im November 1929 legte Ruth das Staatsexamen ab.    
         
 

1930

,nur ein Jahr später, promovierte sie mit dem Prädikat magna cum laude.

Das Thema ihrer Doktorarbeit war "Zur Struktur der projektiven Geometrie der Ebene" und wurde ihr von Dehn gestellt.
Ihre Aufgabe war es, die logische Abhängigkeit von Schließungssätzen zu untersuchen. Sie bezog sich dabei auf Netze, d.h. solchen Unterebenen projektiver Ebenen, die aus endlich vielen Punkten durch stufenweises Schneiden und Verbinden erzeugt werden.

Das Rigorosum bestand sie in Mathematik gut bis sehr gut, in Physik nur mit knapp genügend.

Max Dehn hob in seinem Gutachten hervor, dass mit der Arbeit ein neues weites Gebiet der Forschung mit glücklichstem Erfolg betreten wurde. Er bescheinigte ihr hervorragende technische Gewandtheit und Kraft, große Reife in der Erfassung der abstrakten Probleme und dass sie wesentlich zur „Bereicherung unserer geometrischen Einsicht“ beigetragen habe.

   
       

 

  Im November 1931  verbrachte sie ein halbes Jahr als Stipendiatin in Rom.    
         
  Von November 1932- bis Herbst 1933 hielt sie sich in Königsberg bei Kurt Reidemeister auf, wo sie erstmals Lehraufträge für praktische Analysis und darstellende Geometrie erhielt.    
         
  1931 bis 1934 erschienen, beginnend mit der Dissertation, die sieben Arbeiten, die Ruth Moufangs Ruhm und Ruf in den Grundlagen der Geometrie und in der Theorie der projektiven Ebenen begründeten.    
         
    Wesentliche Rolle für ihre weitere Arbeit spielte ihre Entdeckung, dass sich Hilberts Streckenrechung allein aus dem kleinen projektiven Satz von Desargues begründen lässt    
         
    Sie brachte ihre eigenen Entdeckungen mit Begriffen und Ergebnissen in Zusammenhang, die Max Zorn mit seiner Dissertation 1931 veröffentlichte. Dies war eine ihrer herausragendsten Leistungen.  

 

         
    Ruth begründete als erste erfolgreich die Koordinatisierung von nicht desarguesschen Ebenen.

Ihre Arbeiten spielten eine große Rolle für den Fortschritt in der Theorie der projektiven Ebenen seit Hilbert. Es sollte noch zehn Jahre dauern, bis sich der allein auf den Verknüpfungsaxiomen beruhende Begriff der projektiven Ebene voll etabliert hatte.

 
         
  Im Herbst 1933 kehrte sie nach Frankfurt a.M. zurück und musste feststellen, dass sich die alt bekannte Umgebung aufgrund des Krieges und der nationalsozialistischen Rassenauffassung verändert hatte: viele der Ordinarien waren geflüchtet (Szàsz) oder bedroht (Dehn, Epstein, Hellinger).    
         
  Im SS 1934 bekam sie Lehraufträge (die aus den Hörergeldern bezahlt wurden) für Variationsrechnung, im WS 1934/ 35 für gewöhnliche Differentialgleichungen, im SS 1935 für partielle Differentialgleichungen und anschließend zwei Semester lang für analytische Geometrie.    
         
  Im Herbst 1935 spitzte sich die Lage an der Universität weiter zu. Siegel war nach Princeton, USA, emigriert. Dehn lehrte auf Anraten des Dekans nicht mehr, da man Störungen der Studenten befürchtete und in Konsequenz der neu erlassenen Nürnberger Rassen-gesetze wurden Dehn, Epstein und Hellinger amtsenthoben.    
         
  5. Mai 1936 reichte Ruth  ihre Habilitationsschrift über geordnete Schiefkörper ein.    
         
  Im Juni 1936 erstatteten Siegel und Madelung die Gutachten über die Habilitationsschrift. Am 17. Juni 1936 fand die wissenschaftliche Aussprache statt. In seinem Bericht betonte der Dekan, dass „die wissenschaftliche Aussprache bestätigte, dass Fräulein Moufang wirklich die tiefen Zusammen-hänge zwischen den einzelnen Teilen der Mathematik durchschaut, wie es ja auch nach ihren bisherigen wertvollen Arbeiten nicht anders zu erwarten war. Da sie es ferner verstand, einen gedanklich recht schwierigen Stoff durch eine anschauliche Vortragsart den Zuhörern näher zu bringen, so bewies sie zugleich ihre ausgezeichnete pädagogische Begabung.“

[Universitätsarchiv Frankfurt a.M., Akten des Rektors, Sign. Alt 310-01/Neu 4/46, Moufang, Ruth, Naturwissenschaftliche Fakultät, Mathematisches Seminar, Institut für Reine Mathematik, 1934-1977, Bl.6]

 

 

         
  Am 10. Juli 1936 wurde ihre Habilitation mit Erlaubnis des Ministeriums ausgesprochen. Jedoch bedurfte es für die venia legendi noch einer öffentlichen Lehrprobe, eines Gutachtens des Führers der NS- Dozentenschaft und der Teilnahme an zehn Wochen Dozenten-akademie sowie an einem Arbeitsdienst. Die Verfahren zur Erlangung der Habilitation und der venia legendi waren seit dem Dezember 1934 getrennt worden.

Ruth erkundigte sich bei der Dozenten-schaft, ob sie als Frau andere Zulassungs-bestimmungen zu erfüllen hatte. Aber ihr wurde versichert, daß dies nicht so wäre.

  Antwort des Führers der Dozentschaft vom März 1934:
"... teile ich Ihnen mit, daß nach dem Bescheid des Führers  der preußischen Dozentenschaft für die Habilitation von Frauen die gleichen Bedingungen gelten wie für die Habilitation von Männern. Die Auswahl zwischen Geländesport und Arbeitsdienst fällt allerdings fort, für Frauen kommt nur die Teilnahme an einem Arbeits-lager in Frage."
         
  Am 30. Sep-tember 1936 wurde der von Ruth gestellte Antrag zur Zulassung zur öffentlichen Lehrprobe an das Ministerium weitergeleitet:

Es ist das erste Mal, dass sich hier in Frankfurt/M. eine Frau um eine Dozentur bewirbt. Infolgedessen handelt es sich um eine grundsätzliche Frage, die von dem Herrn Minister entschieden werden muss. Im Allgemeinen bin ich der Meinung, dass die Dozentenlaufbahn Männern vorbehalten bleiben sollte. In diesem besonderen Falle muss aber berücksichtigt werden, dass Frl. Dr. Moufang über die ich schon nach ihrer Habilitation berichtete, eine sehr tüchtige Mathematikerin ist mit einer ganz ausgesprochenen Lehrbegabung. In dieser Beziehung hat sie sich hier bereits bewährt, da sie in den früheren Semestern während der Vakanz des einen mathematischen Lehrstuhls einen Lehrauftrag mit großem Erfolg ausgeübt hat. Es kommt hinzu, dass der Nachwuchs für das Fach der reinen und angewandten Mathematik äußerst schwach ist, so dass sich auch aus diesem Grund eine ausnahmsweise Zulassung zur Dozentur rechtfertigen lassen könnte.

[Universitätsarchiv Frankfurt a.M., Akten des Rektors, Sign. Alt 310-01/Neu 4/46, Moufang, Ruth, Naturwissenschaftliche Fakultät, Mathematisches Seminar, Institut für Reine Mathematik, 1934-1977, Bl.9]

   
         
  Am 24. Oktober 1936 lehnte das Ministerium den Antrag ab, „da ihr die Dozentur nicht verliehen werden kann“.

[Universitätsarchiv Frankfurt a.M., Akten des Kurators, Sign. Abt. 10 Nr. 92, NSD- Dozentenbund/ Dozentenschaft, Geländespotlehrgänge I- Z, 1933-35, Bl.9v]

Ruth hatte keinen Lehrauftrag mehr, sondern war zu dieser Zeit für wenige Monate als Assistentin am Institut der theoretischen Physik tätig.

Die Ablehnung des Antrages zur öffentlichen Lehrprobe traf sie tief, zumal sie nach der Antwort der Dozentenschaft nicht mit einer Ablehnung gerechnet hatte.
   
         
  Am 17. Februar 1937 , nachdem sie am 9. Februar ihre Habilitationsurkunde erhalten hatte, wandte sich Ruth an das Ministerium. Sie beschrieb ihre bisherige Tätigkeit und trug vor, dass sie den Beruf des akademischen Lehrers als ihren Lebensberuf betrachte, ihre Befähigung auch unter Beweis zu stellen versucht habe und dass sie keine andere Berufmöglichkeit in der Forschung habe. Sie schrieb diesen Brief auf eigene Faust, in der damaligen politischen Situation eine mutige, aber auch gefährliche Aktion.    
         
  Am 9. März erhielt sie trotz ihrer Bemühungen eine abschlägige Antwort aus dem Ministerium, so dass sie alle Hoffnungen auf die Verwirklichung ihres Lebenstraumes aufgeben musste.

Über diese Antwort war Ruth verständlicherweise sehr verbittert. Es war für sie absolutes Unrecht, was ihr widerfuhr. An ihren mathematischen Fähigkeiten hätte sie arbeiten können, wäre dies der Grund für die Ablehnung gewesen. Aber an ihrem Geschlecht konnte sie nichts ändern.

 

  Antwort des Ministerium auf Ruths Anfrage:

Da dem Dozenten im Dritten Reich außer seinen wissen-schaftlichen Leistungen wesentlich erzieherische und Führereigenschaften voraus-setzende Aufgaben zufallen und die Studentenschaft fast aus-schließlich aus Männern be-steht, fehlt dem weiblichen Dozenten künftig die Voraus-setzung für eine ersprießliche Tätigkeit. Die Reichshabili-tationsordnung hat mit Einführung des Gemeinschafts-lagers (Wehrsportlager und Dozentenakademie) bereits einen ausschließlich männlichen Hochschullehrernachwuchs im Auge gehabt. Bei dieser Sach-lage ist es mir leider nicht möglich, Ihnen die Erteilung der Dozentur in Aussicht zu stelle. Gegen eine forschende Tätigkeit an einer Hochschule oder in einer Forschungsanstalt bestehen jedoch keine Bedenken. (...)

    Da sie an der Universität zu dieser Zeit keine Chancen hatte, betrieb sie einige Zeit lang Auftragsforschung für die Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt in Berlin.  

 

         
  Ab November 1937 war sie dann als wissenschaftliche Assistentin für Mathematik und theoretische Physik im Forschungsinstitut der Firma Krupp in Essen tätig, wohin sie gemeinsam mit ihrer Schwester und ihrer Mutter umzog.
Bei Krupp bearbeitete sie Probleme der technischen Mechanik. Sie beschäftigte sich insbesondere mit der höheren Festigkeits-lehre, Probleme der Diffusion und allgemein der angewandten Mathematik.
Darüber hinaus befasste sie sich mit Differentialgleichungen und ihren Anwen-dungen, Randwertaufgaben und wirkte bei experimentellen Untersuchungen über die Erzeugung großer Krümmungen und die reversiblen Temperaturcharakteristik bei Bimetallen mit.

Auch bei ihrer neuen Arbeit zeigt sie ihre mathematische Kreativität und Aktivität und publizierte weiterhin Arbeiten in Zeitschriften für angewandte Mathematik und Mechanik und in Ingenieur- Zeitschriften.

 
         
  1942 wurde sie Abteilungsleiterin bei Krupp, jedoch durfte sie an den monatlichen Essen der Abteilungsleiter nicht teilnehmen, da dies reine Herrenabende bleiben sollten.    
         
  Am 15. Juli 1946 wandte sich Ruth wieder dem Mathematischen Seminar der Universität Frankfurt a.M. zu, wo man sie herzlich willkommen hieß, zumal es nach dem Krieg an qualifizierten Mitarbeitern mangelte.

Jedoch hatten sich die Arbeitsbedingungen sehr verschlechtert: Das mathematische Seminar war nur notdürftig untergebracht, da viele Gebäude zerstört waren. Zudem war die Bibliothek unzureichend ausgestattet und durch die Jahre des Dritten Reiches nicht auf dem neuesten Stand.

   
         
  Am 26. Sep-tember 1946 erhielt Ruth endlich die venia legendi. Ihre Hochschulkarriere konnte nun, zehn Jahre später, doch noch starten.    
         
  Am 30. Oktober 1946 erfolgte die Antrittsvorlesung über „Allgemeine Zahlsysteme und die Grundlagen der Geometrie“.    
         
  Im WS 1946/47 hielt sie als Lehrbeauftragte Vorlesungen über Projektive Geometrie und Darstellende Geometrie.    
         
  Am 10. Oktober 1947 wurde ihr die kommissarische Wahr-nehmung des freien Extraordinariats übertragen, jedoch nur aus Mangel anderer qualifizierter Männer und mit schlechter Bezahlung.    
         
  Am 19. Dezem-ber 1947 wurde sie außerplanmäßige Professorin, jedoch nur dem Titel nach und weiterhin mit wenig Geld, das sie mit ihrer Mutter und ihrer Schwester für das gemeinsame Zusammenleben teilte. Die Bezüge aus dem Extraordinariat waren beantragt, wurden aber noch nicht bewilligt.    
         
  Am 1. Oktober 1948 bekam die freie Diätendozentur mit 600 Mark Gehalt. Damit war sie zum ersten Mal ordentlich an der Universität angestellt.    
         
  Am 22. Juni 1951 wurde das Extraordinariat in Frankfurt a.M. förmlich besetzt und Ruth wurde am 22. Juni 1951 nach H2 ernannt. Somit war sie die erste Frau, die in Deutschland auf eine beamtete Professur für Mathematik berufen wurde. Ihr wurde außerdem eine Assisten-tenstelle zugewilligt und darüber hinaus handelte Ruth Mittel für Gastvorlesungen, Vorträge und die Bibliothek aus.    
         
  1954 erscheint ihr letzter Aufsatz, ein Nachruf auf Max Dehn mit wissenschaftlicher Würdigung, den sie gemeinsam mit W. Magnus verfasste.    
         
  Am 7. Februar 1957 wurde Ruth nach einem aufwendigen Verfahren mit vier Gutachtern (Marshall Hall Jr., Wilhelm Magnus, Kurt Reidemeister, Emanuel Sperner) zum persönlichen Ordinarius ernannt.
Dadurch bekam sie in der akademischen Selbstverwaltung alle Rechte und Pflichten, das Gehalt und die Stelle blieben jedoch gleich.

 

 

Antrag des Dekans an das Ministerium:

„…Die von Frau Moufang angeregten Arbeiten sind ein Beweis ihrer fortgesetzten wissenschaftlichen Wirkung…[das ihre] Ernennung… durch ihre wissenschaftliche Leistung, deren internationale Anerkennung und durch ihre Erfolge als Lehrer durchaus gerechtfertigt ist, ja durch ihre Stellung in der mathematischen Welt sozusagen gefordert wird.“

         
  Am 20. Mai 1957 wurde sie zur Mitdirektorin des Mathematischen Seminars ernannt und amtierte im akademischen Jahr 1958/ 59 als Dekan.    
         
   1962 wurde ihre Stelle nun auch haushaltsrechtlich in ein Ordinariat umgewandelt, so dass Ruth Moufang am 29. März 1962 planmäßige ordentliche Professorin war.

Sie lehrte Anfängervorlesungen und alle Aspekte der Geometrie (projektive, darstellende und nichteuklidische Geometrie, Grundlagen der Geometrie und Differentialgeometrie), aber auch Zahlentheorie, Differentialgleichungen aller Art, Integralgleichungen, Elastizitätstheorie, Funktionentheorie und in Seminaren auch Hilbertraum-Theorie. Außerdem übernahm sie noch die Vorlesung über Theoretische Mechanik, um den Personalmangel bei den Physikern auszugleichen.

Sie betreute 16 Dissertationen mit einem breiten Spektrum (insbesondere aus Geometrie, Algebra, Differentialgleichungen und Differentialgeometrie) und 50 Diplomarbeiten und in etwa ebenso viele Staatsexamensarbeiten. Jedoch haben nur zwei Frauen bei ihr promoviert und sie hatte niemals eine Assistentin. Vielleicht haben ihre eigenen Erfahrungen in der Mathematik sie veranlasst anzunehmen, dass dies kein Ort für Frauen sei.

   
         
  Ende des Wintersemesters 1969/ 70 wurde sie auf eigenen Wunsch emeritiert. Sie nahm aber weiterhin Anteil an der Entwicklung des Mathematischen Seminars in Frankfurt a.M. und kam zu wichtigen Kolloquien und akademischen Feiern. Außerdem interessierte sie sich weiterhin für die Entwicklungen in ihrem alten Arbeits-gebiet, den Grundlagen der Geometrie, war hier aber nicht mehr forschend tätig. Vielleicht hat sie nach ihrer langjährigen Tätigkeit bei Krupp, in denen sie sich in ein vollständig neues Aufgabengebiet einarbei-ten musste, nicht mehr die Kraft, wieder den Anschluss an die aktuellen  Entwicklungen zu finden.  
         
  Am 26. Novem-ber 1977 verstarb Ruth Moufang.    
         
 

Privates Leben

     
  Sie lebte mit Mutter und Schwester sehr zurückgezogen und erwähnte selten die Familie, am wenigsten ihren Vater. An gemeinsamen Aktivitäten des Seminars wie Betriebsausflügen, Feiern und Kaffeerunden nahm sie jedoch gerne teil.

 Neben der Mathematik interessierte sie sich für Kunstgeschichte.

Sie reiste sehr wenig, nahm deswegen auch nur sehr selten an Tagungen teil.

Als ihre Mutter pflegebedürftig war, übernahm sie zusammen mit ihrer Schwester die Betreuung und Pflege der Mutter.

   
       
  Besonderheiten    
  Ruth Moufang hatte als Kind gute Voraussetzungen für eine akademische Kariere, da sie die Bildungsmöglichkeiten nutzen konnte, die seit Beginn des Jahrhunderts auch in Deutschland Mädchen und Frauen offen standen.

Doch fühlte sie sich als Frau in der Mathematik nicht voll akzeptiert, womit sie auch Recht hatte, denn Frauen waren in den 60er Jahren nicht als Professorin allgemein akzeptiert. Die Unterschätzung ihrer Fähigkeiten durch die Umgebung konnte sie sehr stark spüren. Ein Beispiel hierfür ist, dass sie als offizielle Delegierte des Rektors der Frankfurter Universität während einer Tagung der Nobelpreisträger in Lindau nicht am wissenschaftlichen Programm teilnehmen durfte, sondern nur am sog. Damenprogramm.

Abschließend stellt sich die Frage, zu welchen weiteren Leistungen Ruth Moufang fähig gewesen wäre, wenn ihr nicht durch die historischen Umstände so viele Steine in den Weg gelegt worden wären und sie ihre Karriere in Ruhe hätte fortsetzen können. Aber trotz all der Schwierigkeiten, die sie zu meistern hatte, hinterließ sie durch ihr Wirken deutliche Spuren in der Mathematik und genoss hohe Anerkennung. Man denke nur an Begriffe wie Moufang- Ebene, Moufang- Identitäten und Moufang- Loop.

Ausdruck ihrer Wertschätzung ist besonders der Band 87 (1965) der „Mathematischen Zeitschrift“, der 14 Arbeiten enthält, die ihr zu ihrem 60. Geburtstag gewidmet wurden.

   
       
 

veröffentlichte Arbeiten

   
  1931a "Zur Struktur der projektiven Geometrie der Ebene", in: Math.Ann.105, S.536-601    
         
  1931b "Die Einführung der idealen Elemente in die ebene Geometrie mit Hilfe des Satzes vom vollständigen Vierseit", in: Math. Ann. 105, S. 759- 788    
         
  1932a "Die Schnittpunktsätze des projektiven speziellen Fünfecksnetzes in ihrer Abhängigkeit voneinander (Das A- Netz)", in Math. Ann. 106, S. 755- 795    
         
  1932b "Ein Satz über die Schnittpunktsätze des allgemeinen Fünfecksnetzes (Das A, B- Netz)", in: Math. Ann. 107, S. 124- 139.    
         
  1933a "Die Desarguesschen Sätze vom Rang 10", in: Math. Ann. 108, S. 296- 310.    
         
  1933b "Alternativkörper und der Satz vom vollständigen Vierseit (D9)", in: Abh. Math. Sem. Univ. Hamburg 9, S. 207- 222.    
         
  1934 "Zur Struktur von Alternativkörpern", in: Math. Ann. 110, S. 416- 430.    
         
  1937 "Einige Untersuchungen über geordnete Schiefkörper", in: J. reine u. angew. Math. 176, S. 203- 223.    
         
  1940 "Das plastische Verhalten von dünnwandigen Rohren unter statischem Innendruck", in: Z. angew. Math. Mech. 20, S. 24- 37.    
         
  1941a "Das plastische Verhalten von Rohren unter statischem Innendruck bei verschwindender Längsdehnung im Bereich endlicher Ver-formungen", in: Ing.- Arch.12, S. 265- 283.    
         
  1941b (mit DEUTLER) "Kritik des Kraftflussbegriffes", in: Forsch. Geb. Ing. Ws. 12, S. 137- 142.    
         
  1947a "Volumentreue Verzerrung bei endlichen Formänderungen", in: Ber. Math. Tagung Tübingen 1946, S. 109- 110.    
         
  1947b "Volumentreue Verzerrungen bei endlichen Formänderungen", in: Z. angew. Math. Mech. 25/ 27, S. 209- 214.    
         
  1948 "Strenge Berechnung der Eigenspannungen, die in plastisch aufgeweiteten Hohlzylindern nach der Entlastung zurückbleiben", Z. angew. Math. Mech. 28, S. 33- 42    
         
  1950 (mit H. SCHRADER) "Genauigkeit der Berechnung von Kohlenstoffeindringtiefen in zementierten Stählen bei großzahlmäßiger Anwendung", in: Arch. Eisenhüttenwesen 21, S. 381- 393.    
         
  1954 (mit W. MAGNUS) "Max Dehn zum Gedächtnis", in: Math. Ann. 127, S. 215- 227.    

Quelle:


Pieper-Seier
, I. (1997). RUTH MOUFANG (1905 - 1977). Eine Mathematikerin zwischen Industrie und Universität. In R. Tobies (Hrsg.), "Aller Männerkultur zum Trotz": Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften (S.181-202). Frankfurt/Main, New York: Campus.